»Am Morgen des dritten Tages als Lebende auf fröhlich lärmende Lastwagen verladen, zwölf Kilometer Fahrt. In aller Frühe schon haben die Vögel dich geweckt. Du hast noch heute die Pracht der übermäßig blühenden Wegraine im Gedächtnis, die vergängliche Ewigkeit des zugehörigen Sommerhimmels und wie wir mit plötzlich gebremstem Schwung (gleich umso drängender klopft dein Herz) bergauf in den Burghof einfuhren. Hier sollt ihr der Reihe nach aussteigen, jeder mit seinem Bündel. Da war es immer noch früher Morgen, hellblau die Luft, kühl und leicht. Kommt dir vor, daß mit dem Ausladen, Absteigen und Verlesen der Listen der ganze unermeßliche Tag ist vertrödelt worden. Hat jeder sich deutlich neben seinem Namen aufzustellen. Wie es sich trifft: die Einen bleiben gleich hier auf der Burg, Notquartier, Sperrholzverschläge, die Anderen kriegen amtliche Zettel für ein Zimmer im Dorf; man weiß nicht, wer besser (schlimmer) dran ist. Auf jedem Zettel ein runder Stempel; ein Zettel ist noch kein Zimmer. Derweil ist der Tag vergangen, wie ging das denn zu? Vor einer Weile im wäßrig zerfließenden Licht sind schwarzgefleckte Kühe am Burgtor vorbeigeführt worden. In weiter Ferne, gerade das weißt du noch. Vorher hast du nur weiße und braune Kühe gekannt und jetzt ist der Tag vergangen.«
aus: Kein Frühling (2014)